Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 GWB, 7. März 2017
- Monopolkommission beklagt wettbewerbliche Defizite in GKV und PKV, die die Effizienz der Krankenversicherung vermindern und zu unnötigen Kosten für die Versicherten führen.
- Monopolkommission spricht sich für größere Spielräume der GKV beim Versorgungsmanagement aus und regt eine Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs an, um Wettbewerbsverzerrungen zu beheben.
- Monopolkommission empfiehlt Konzept für attraktivere Wechselmöglichkeiten in der PKV und empfiehlt Vereinfachung von Tarifzusammenführungen bei Zusammenschlüssen privater Krankenversicherer.
Die Monopolkommission hat heute ihr 75. Sondergutachten mit dem Titel „Stand und Perspektiven im deutschen Krankenversicherungssystem" vorgelegt. In diesem Gutachten weist sie in Bezug auf das Krankenversicherungssystem in Deutschland auf eine Vielzahl von ungenutzten wettbewerblichen Potenzialen hin. Wenn diese Potenziale gehoben würden, könnte dies die Zukunftsfähigkeit des Krankenversicherungssystems erheblich verbessern.
Die gesetzliche und die private Krankenversicherung (GKV und PKV) stehen vor großen Herausforderungen, unter anderem durch die fortwährend steigenden Gesundheitsausgaben. Das bestehende Krankenversicherungssystem nimmt den Versicherungen Anreize, nach Wegen für die optimale Versorgung der Patienten und Kosteneinsparungen zu suchen. Daneben ist es an der Zeit, die Chancen wahrzunehmen, welche die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet, wie etwa eine bessere Prävention durch individuelle, App-basierte Dienste oder besser abgestimmte Behandlungsabläufe durch die Vernetzung von Ärzten, Patienten und Versicherungen. „Die Intensivierung des Wettbewerbs innerhalb der Krankenversicherungssysteme ist Voraussetzung, um eine bessere Versorgung für die Versicherten zu gewährleisten und die Kosten zu senken", so der Vorsitzende der Monopolkommission, Prof. Achim Wambach.
Um die Wettbewerbshemmnisse im Versorgungsmanagement der GKV zu vermindern und einen effektiven Qualitätswettbewerb zu schaffen, sollten Krankenkassen Tarife in Form von Wahltarifen anbieten, und das Tarifspektrum sollte erweitert werden. Möglichkeiten, die Versicherten zu Leistungserbringern zu lenken, sollten gestärkt und bei selektiven Behandlungen Beschränkungen auf Krankenhäuser, mit denen ein Qualitätsvertrag verhandelt wurde, ermöglicht werden. Der Risikostrukturausgleich sollte dahingehend weiterentwickelt werden, dass bei Mittelzuweisungen an die Kassen Präventionsmaßnahmen berücksichtigt werden. Regionale Unterschiede in den Ausgabenniveaus sollten sich auch in den Einnahmen der Kassen wiederfinden.
In der PKV müssen die Wechselmöglichkeiten für Bestandskunden von einer privaten Kasse zur anderen verbessert werden. Im jetzigen System konkurrieren private Versicherungsunternehmen zwar um Neukunden. Für Bestandskunden bestehen aber kaum Möglichkeiten, das einmal gewählte Versicherungsunternehmen zu wechseln, weil sie nur einen sehr geringen Anteil ihrer Alterungsrückstellungen mitnehmen können. Die Monopolkommission empfiehlt ein Konzept, nach welchem privat Versicherte die Möglichkeit erhalten, bei einem Versicherungswechsel ihrem Gesundheitszustand entsprechende Alterungsrückstellungen mitzunehmen. Um Hindernisse für dynamische Prozesse zu vermindern, sollten außerdem bei Unternehmenszusammenschlüssen Tarifzusammenführungen ermöglicht werden, sofern die Leistungen in den Tarifen gleichwertig sind und bei der Tarifüberführung die Belange der Versicherten gewahrt werden.
Hier finden Sie:
die Pressemitteilung mit Handlungsempfehlungen
das Sondergutachten im Volltext
die Kurzfassung
Pressebilder der Übergabe des Sondergutachtens
© BMWI/Susanne Eriksson