Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 121 Abs. 2 TKG, Bonn, 7. Dezember 2015
- Die dynamische Wettbewerbsentwicklung auf den Endkundenmärkten der Telekommunikation setzt sich fort. Die Regulierung der allermeisten Vorleistungen bleibt unverzichtbar.
- Vectoring im Nahbereich der Hauptverteiler wird den Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze beschleunigen. Das Technologiemonopol lediglich eines Anbieters sollte verhindert werden.
- Der Wettbewerbsdruck innovativer Over-the-Top-Dienste wie Skype oder WhatsApp ist bei Regulierungsentscheidungen zu berücksichtigen.
Die Monopolkommission hat heute ihr Sondergutachten gemäß § 121 Abs. 2 TKG mit dem Titel „Telekommunikation 2015: Märkte im Wandel" vorgestellt. Darin beurteilt sie den Stand und die Entwicklung des Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten und würdigt die Amtspraxis der Bundesnetzagentur im Bereich der Telekommunikation.
Die Monopolkommission würdigt die Tätigkeit der Bundesnetzagentur überwiegend positiv. Anders als die Behörde hält die Monopolkommission die Betreiber(vor)auswahl für verzichtbar und wiederholt ihre Forderung, die Regulierung der Teilnehmeranschlüsse im Festnetzbereich aufzugeben. Die Regulierung der allermeisten Vorleistungen bleibt unverzichtbar, da das Angebot der Wettbewerber in weiten Teilen auf dem Zugang zur Infrastruktur des dominierenden Unternehmens basiert. Erstmals hat die Behörde beim Bitstromzugang räumlich regionale Märkte abgegrenzt. Damit gelingt es, regional unterschiedlichen Wettbewerbsentwicklungen stärker als bisher Rechnung zu tragen und Regulierung dort abzubauen, wo sie überflüssig geworden ist.
Für einen zügigen und umfassenden Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze kommt der Vectoring-Technologie eine hohe Bedeutung zu. Die Monopolkommission spricht sich dafür aus, ihre Nutzung auch im Nahbereich der Hauptverteiler grundsätzlich allen ausbauwilligen Unternehmen zu ermöglichen. Der aktuell von der Bundesnetzagentur vorgelegte Entwurf für eine Regulierungsverfügung setzt allerdings hohe Hürden für eine Beteiligung der Wettbewerber. „Zu befürchten ist, dass es der Bundesnetzagentur – anders als bei der ersten Vectoring-Entscheidung von 2013 – nicht gelingt, das Technologiemonopol der Deutschen Telekom auf der sogenannten letzten Meile im Nahbereich der Hauptverteiler zu verhindern", so der Vorsitzende der Monopolkommission, Prof. Daniel Zimmer.
Die Monopolkommission wiederholt ihre Forderung, die Anteile des Bundes an der Deutschen Telekom AG in Höhe von rund 32 Prozent zeitnah zuveräußern. So ließe sich der Interessenskonflikt aus der Doppelrolle als Gesetzgeber und Anteilseigner lösen. Ein Verkauf der Unternehmensanteile ist aus ihrer Sicht nicht nur ordnungspolitisch dringend geboten, sondern würde auch erhebliche Mittel generieren, die in den Bundeshaushalt fließen würden und potenziell für die Förderung des Breitbandausbaus in Deutschland eingesetzt werden könnten.
In Anbetracht der hohen Bedeutung eines effizienten Anbieterwechsels für den funktionierenden Wettbewerb auf Telekommunikationsmärkten einerseits und der hohen und steigenden Anzahl von Verbraucherbeschwerden in diesem Bereich andererseits plädiert die Monopolkommission für eine strengere Umsetzung der bestehenden Regeln beim Anbieterwechsel. Zudem fordert sie den Gesetzbegeber auf, den gesetzlichen Bußgeldrahmen für Verstöße im Zusammenhang mit einem Anbieterwechsel drastisch zu erhöhen.
Im Mobilfunkbereich hat sich der Konsolidierungsprozess der Branche weiter fortgesetzt. Die Monopolkommission erwartet, dass Großfusionen wie zuletzt zwischen den Netzbetreibern Telefónica und E-Plus den Wettbewerb zwischen den verbleibenden Anbietern eher dämpfen als stärken werden. Aktuell ist es aber noch zu früh, um abschließende Aussagen zu den tatsächlichen Wettbewerbswirkungen auf den Mobilfunkmärkten zu machen.
Klassische Telekommunikationsunternehmen stehen auf den Endkundenmärkten zunehmend in Konkurrenz mit Anbietern innovativer Dienste wie Skype und WhatsApp. Im Sinne eines chancengleichen Wettbewerbs sollte eine Angleichung von Regulierungsverpflichtungen bei funktional ähnlichen Diensten angestrebt werden. Zudem gilt es, bei Regulierungsentscheidungen den von sogenannten Over-the-Top-Diensten ausgehenden Wettbewerbsdruck zu berücksichtigen. Dieser Wettbewerb könnte auch eine Rückführung herkömmlicher Regulierung nahelegen.
Die jüngsten Entscheidungen des Europäischen Parlaments zum Thema Roaming-Gebühren bewertet die Monopolkommission grundsätzlich positiv. Auch wenn die Abschaffung der Roaming-Gebühren mit vielen Vorteilen für Verbraucher verbunden ist, sollte durch eine entsprechende Ausgestaltung einer „Fair Use Policy" darauf geachtet werden, dass Roamingdienste nicht zweckwidrig genutzt werden.
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