Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 62 EnWG, 6. Oktober 2015
- Monopolkommission sieht in dem Konzept Strommarkt 2.0 erhebliche Risiken, die sich auf die Marktpreise und das Kapazitätsniveau auswirken können.
- Monopolkommission empfiehlt mehrere Maßnahmen zur Reduzierung des Netzausbaubedarfs.
Die Monopolkommission hat heute ihr Sondergutachten nach § 62 des Energiewirtschaftsgesetzes mit dem Titel „Energie 2015: Ein wettbewerbliches Marktdesign für die Energiewende" vorgelegt. Es beleuchtet die Wettbewerbssituation auf den Strom- und Gasmärkten und analysiert die anstehenden Probleme im Energiesektor. In einem Schwerpunkt befasst sich die Monopolkommission mit Themen, die die Ausgestaltung der Energiewende betreffen.
Die Monopolkommission sieht in der geplanten Weiterentwicklung des vorliegenden Designs der Energiemärkte zu einem Strommarkt 2.0 einen möglichen, aber mit erheblichen Risiken einhergehenden Weg. „Nur wenn bei der Ausgestaltung der Energiewende konsequent auf wettbewerbliche Instrumente gesetzt wird, werden die Kosten der Energiewende wirksam begrenzt", sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Professor Daniel Zimmer.
Den Plan des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, die Versorgungssicherheit durch den Aufbau einer Kapazitätsreserve zu sichern, sieht die Monopolkommission kritisch. Da eine Reserve mit erheblichen Effizienzrisiken verbunden ist, sollte sie an enge Bedingungen geknüpft sein, in der Größe beschränkt sein und nur temporär als Instrument genutzt werden. Der Plan, aus umweltpolitischen Gründen Braunkohlekraftwerke in eine Kapazitätsreserve zu überführen, wird von der Monopolkommission kritisch beurteilt. Dieser technologiespezifische Eingriff hat hohe Kosten zur Folge; er hat aber keine Auswirkungen auf den Gesamtumfang des CO2-Ausstoßes, da dieser durch das EU-Emissionshandelssystem vorgegeben ist.
Im Konzept des Bundesministers für Wirtschaft und Energie nehmen potenzielle Probleme einer Marktmacht von Energieversorgern gegenüber einer Gefährdung der Versorgungssicherheit nur eine untergeordnete Rolle ein. Zwar deuten die von der Monopolkommission berechneten Marktmachtindizes, z. B. der Residual Supply Index (RSI), darauf hin, dass im Stromgroßhandel gegenwärtig kein Marktmachtproblem besteht und Überkapazitäten die Preise und Investitions-bereitschaft reduzieren. Allerdings kann der anstehende Abbau von Überkapazitäten im Strommarkt 2.0 dazu führen, dass sich in Zukunft wieder deutlich höhere Preise am Markt einstellen werden. Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur stehen deshalb vor der schwierigen Aufgabe, rein marktmachtbedingte Preisüberhöhungen, die rechtlich verfolgt werden könnten, von anderen Fällen zu unterscheiden. Kontraproduktiv ist in diesem Zusammenhang insbesondere der im Referentenentwurf eines Strommarktgesetzes vorgesehene und vom Bundeskartellamt zu erstellende Marktmachtbericht. Dieser zielt darauf ab, einen Teil der Unternehmen von der Missbrauchskontrolle auszunehmen. Dies könnte zu überhöhten Preisen und langfristig zu neuen Überkapazitäten führen.
Bei den erneuerbaren Energien soll nach den Plänen der Bundesregierung die Höhe der Förderung künftig nicht mehr gesetzlich festgelegt, sondern generell über Ausschreibungen in Form von Auktionen ermittelt werden. Mit der Abkehr von der bisherigen Fördersystematik ist die Hoffnung auf eine stärkere Wettbewerbsorientierung und eine damit einhergehende Kostensenkung verbunden. Die Monopolkommission begrüßt die Bemühungen, durch die Umstellung auf ein Ausschreibungsmodell ein wettbewerblicheres Fördersystem zu schaffen. Sie gibt jedoch zu bedenken, dass der Systemwechsel ohne geeignete Rahmenbedingungen keine nennenswerten Verbesserungen mit sich bringen wird. Besonders kritisch sieht die Monopolkommission, dass das neue Ausschreibungssystem nach wie vor nach Technologien differenzierte Auktionen vorsieht. Durch technologieneutrale Ausschreibungen würde hingegen Wettbewerb zwischen Erzeugungstechnologien entstehen, der eine effizientere Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ermöglichen und einem weiteren Kostenanstieg für die Verbraucher entgegenwirken würde.
Wegen des Zubaus erneuerbarer Energien ist entsprechend der bisherigen Planung ein erheblicher Ausbau der Versorgungsnetze erforderlich. Der Netzausbau hat in Deutschland in der Vergangenheit vielfach zu Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung geführt. Die Monopolkommission spricht sich dafür aus, Alternativen zum Netzausbau intensiver zu prüfen als dies bisher der Fall ist. So könnte der Zubau Erneuerbarer-Energien-Anlagen regional, z. B. durch eine EE-Regionalkomponente, die unter Berücksichtigung der durch den Zubau ausgelösten Netzkosten Einfluss auf die Förderung nimmt, gesteuert werden. Zudem sollte der Netzausbau nicht darauf ausgelegt werden, dass auch die selten auftretende theoretische Maximaleinspeisung erneuerbarer Energien übertragen werden kann. Die Analyse der Monopolkommission zeigt, dass die Abschaltung eines Teils der Erneuerbare-Energien-Anlagen bei einem Großhandelspreis unter null sowie die Berücksichtigung von Redispatchingmaßnahmen bei der Netzplanung den notwendigen Ausbau signifikant reduzieren könnten.
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