Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 44 Abs. 1 Satz 4 GWB, 27. Oktober 2015


  • Monopolkommission hält eine weitere Angleichung des deutschen Kartellbußgeldrechts an das europäische Recht für geboten.
  • Monopolkommission empfiehlt ergänzend die Einführung einer Strafsanktion für schwere Kartellverstöße und einer strafbewehrten Kapitalerhaltungspflicht.

Die Monopolkommission hat heute ihr 72. Sondergutachten mit dem Titel „Strafrechtliche Sanktionen bei Kartellverstößen“ zu der für das nächste Jahr geplanten Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) veröffentlicht.

Anlass des Sondergutachtens sind Pläne der Bundesregierung zu einer weiteren Angleichung der Vorschriften über die Bußgeldhaftung bei Kartellverstößen an das europäische Recht. Eine solche Angleichung ist nach Ansicht der Monopolkommission rechtlich geboten. Dies folgt schon aus der Rechtsprechung der europäischen Gerichte zum EU-Kartellverbot. Eine solche Angleichung ist aber auch inhaltlich zu begrüßen. Denn sie beendet die Ungleichbehandlung, die sich daraus ergibt, dass Unternehmen immer noch einem unterschiedlichen Haftungsrisiko ausgesetzt sind, je nachdem ob deutsche oder europäische Kartellbehörden gegen sie ermitteln. Allerdings dürfte die geplante Änderung zu einer spürbaren Haftungsverschärfung für Unternehmen führen, die künftig von den deutschen Kartellbehörden in Anspruch genommen werden.

Dennoch ist es aus Sicht der Monopolkommission zweifelhaft, ob die Kartellverfolgung künftig zu einem ausreichend tiefgreifenden Bewusstseinswandel in Bezug auf Kartellverstöße führen wird. Die Monopolkommission sieht einen wesentlichen Grund hierfür in dem Umstand, dass hohe Geldbußen, die gegenüber einem Unternehmen verhängt werden, keine unmittelbaren Auswirkungen auf direkt kartellbeteiligte Unternehmensangehörige haben. Deshalb bestehen Anreize zu rechtskonformem Verhalten aufgrund von Bußgelddrohungen für Unternehmensangehörige auch nicht in demselben Maße wie für das Unternehmen (sog. Principal-Agent-Problem).

Die Monopolkommission empfiehlt aus diesen Gründen, ergänzend eine Kriminalisierung besonders schwerwiegender Wettbewerbsverstöße (sog. Hardcore-Kartelle) in Betracht zu ziehen. Sie knüpft insofern an ihre Untersuchung im XX. Hauptgutachten zu demselben Thema an. Im vorliegenden Sondergutachten macht die Monopolkommission konkrete Vorschläge, die als Diskussionsgrundlage im laufenden Gesetzgebungsverfahren dienen sollen.


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die Pressemitteilung

das Sondergutachten im Volltext