Sondergutachten der Monopolkommission gemäß § 78 ERegG, 3. August 2017


  • Defizite bei der Entwicklung des Wettbewerbs im Eisenbahnsektor bestehen fort.
  • Eine wettbewerbsgerechte Ausgestaltung des Finanzierungsrahmens erfordert eine gründliche Analyse von Kosten und Nutzen des Schienen-, Straßen-, Luft- und Schiffsverkehrs.
  • Monopolkommission empfiehlt Nachbesserungen beim Eisenbahnregulierungsgesetz.
  • Strukturen bei der Tarifierung und dem Fahrkartenvertrieb behindern den Wettbewerb auf den Verkehrsmärkten.

Der Wettbewerb auf den deutschen Eisenbahnmärkten ist nach wie vor unzureichend und wird von der besonderen Stellung der Deutschen Bahn AG bestimmt. Zu diesem Ergebnis kommt die Monopolkommission in ihrem sechsten Sondergutachten zur Wettbewerbsentwicklung auf den Eisenbahnmärkten mit dem Titel „Bahn 2017: Wettbewerbspolitische Baustellen“, das heute an die Bundesregierung übergeben wurde. Die Analyse des deutschen Eisenbahnsektors zeigt, dass das Eisenbahnregulierungsgesetz zum Nutzen der Bahnkunden nachgebessert werden sollte. Außerdem hält es die Monopolkommission für erforderlich, eine transparente Kosten-Nutzen-Bilanz für die Bahn sowie die mit ihr konkurrierenden Verkehrsträger zu erstellen, damit öffentliche Mittel auch wirklich dort eingesetzt werden, wo sie den besten Ertrag bringen.

Der Wettbewerb zwischen der Bahn und anderen Verkehrsträgern, wie dem Straßenverkehr, wird maßgeblich durch staatliche Finanzierungsmaßnahmen bestimmt. „Derzeit fehlen jedoch Erkenntnisse darüber, wie sich bspw. die Zuwendungen für den Straßen- und Schienenbau, die Kfz-Steuer oder eine Bus-Maut, auf diesen Wettbewerb auswirken. Daher empfiehlt die Monopolkommission eine möglichst umfassende Analyse von Kosten und Nutzen der verschiedenen Verkehrsträger, wie sie etwa in der Schweiz durchgeführt worden ist“, so der Vorsitzende der Monopolkommission, Professor Achim Wambach. Dabei sollten insbesondere auch die Umweltbelastungen berücksichtigt werden. Entscheidungen über Abgaben und Steuern bei den einzelnen Verkehrsträgern sollten auf Basis einer solchen Kosten-Nutzen-Analyse getroffen werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass öffentliche Gelder dort eingesetzt werden, wo sie den größten Nutzen stiften. Damit wird die Bundesregierung auch ihrem gesetzlichen Auftrag gerecht, für einen fairen Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern zu sorgen.

Die mit dem neuen Eisenbahnregulierungsgesetz angestrebten Effizienzsteigerungen, die zu niedrigeren Ticketpreisen führen sollen, werden nicht erreicht. Dies liegt daran, dass die Anreizelemente unzureichend ausgestaltet sind und es nicht zu Kostensenkungen kommt, die an die Kunden weitergegeben werden könnten. Um Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen bei der Infrastruktur zu erreichen, müssten auch die Kosten aus der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG sowie die Stationsentgelte der Anreizregulierung unterworfen werden.

Damit Kunden die Züge verschiedener Anbieter mit einem Ticket nutzen können, müssen Eisenbahnunternehmen bei Tarif und Vertrieb kooperieren. Die Bedingungen bei den Tarifkooperationen werden allerdings von der Deutschen Bahn AG vorgegeben, wodurch Wettbewerber erheblich eingeschränkt werden können. Durch stärkere Mitspracherechte der Wettbewerber in Bezug auf die Höhe der Tarife und die Einnahmenaufteilung könnten diese Wettbewerbshindernisse abgebaut werden. Im Fernverkehr besteht für die wenigen Wettbewerber der Deutschen Bahn bislang nicht einmal die Möglichkeit, Tarif- und Vertriebskooperationen abzuschließen. Da insbesondere die Nutzung der Vertriebskanäle der Deutschen Bahn AG für Wettbewerber von zentraler Bedeutung ist, sollten derartige Kooperationen nicht von der Deutschen Bahn AG einseitig abgelehnt werden können.


Hier finden Sie:

die Pressemitteilung

das Sondergutachten im Volltext